In ihrem Fotoprojekt Closed Up setzt sich Valérie Wagner mit der Beziehung zwischen Mensch und Raum in einer Extremsituation auseinander:
Die Aufnahmen entstanden im Hochsicherheitstrakt des Festen Hauses, einer „Verwahranstalt“ für psychisch kranke Straftäter, die vor mehr als hundert Jahren als Psychiatriegefängnis in Göttingen gebaut wurde und bis März 2016 von 20 Patienten bewohnt wurde.
Valérie Wagner wagt einen wortwörtlich exklusiven Blick hinter die Mauern und damit in einen Bereich unserer Gesellschaft, der Außenstehenden in der Regel verschlossen bleibt und darüber hinaus gerne ausgeblendet wird, weil er innere Ängste und Tabus berührt.
Auch die Fotografie ist dort aus Sicherheitsgründen ausgeschlossen. Valérie Wagner füllt diesen blinden Fleck mit Bildern, die die Spannung zwischen Menschlichem und Unmenschlichem, Trennendem und Verbindendem beschreiben.
In atmosphärisch dichten Fotografien nimmt die Fotokünstlerin das Dreieck, bestehend aus historisch aufgeladenem Gebäude, Patienten und ihren Betreuern, in den Fokus und zeigt damit ein Kapitel der Psychiatriegeschichte, das sich in dieser Form dem Ende zuneigt.
Trotz der schwierigen Bedingungen vor Ort und strengen Sicherheitsauflagen gelingt es ihr zusammen mit den Betreuern, die Patienten für eine Teilnahme an dem Fotoprojekt zu gewinnen und eindringliche Bilder zu schaffen, die vom Menschen erzählen, ohne sein Gesicht zu zeigen. Die Künstlerin spürt mit ihrem einfühlsamen und zugleich scharfen Blick dem nach, worin sich der Mensch zeigt und worin er sichtbar wird. In Interviews mit den Betreuer*innen fragt sie nach deren Blick auf das Gebäude, ihre Arbeit und die besonderen Erlebnisse mit den Patienten.
Es ist ein Fotoprojekt, das Fragen stellt zu Menschen am Rande und den gesellschaftlichen Umgang mit dem, was wir ausschließen, was nicht sein darf und doch zu uns gehört.
Wie bei einem chirurgischen Eingriff macht Valérie Wagner Unsichtbares sichtbar und holt Verborgenes ans Licht, um so dem blinden Fleck ein Gesicht zu geben, ohne die Leerstellen im Kopf des Betrachters zu füllen.
Exhibitions
2017 | Xpon Art Gallery Hamburg (G)
6. Regionalschau im Kunstverein Haderslev, Dänemark (G) |
Publications
Scheidewege 2019/20, Jahresschrift für skeptisches Denken, Einführung und Bildstrecke mit 22 Bildern aus dem Projekt |
museumsfernsehen.de Projektfeature Closed Up 2018 von Ilona Aziz und Thomas Wagensonner |
NDR 90,3/NDR 2 von Klaus Böllert, Radiobeitrag 2018
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Statements
Statements zum Video-Projektfeature Closed Up
Ich bin beeindruckt und berührt, ich habe die Enge, das Getriebensein, die Zwiespalte fast körperlich gespürt, das ist einfach genial. Was auf youtube zu sehen ist, sieht sehr wohlüberlegt aus, ein wichtiges Projekt. Die Sache mit den Füßen gefällt mir sehr, sie hat etwas Anrührendes, Tastendes und Trotziges zugleich. Mit Ihrem Closed Up Projekt haben Sie ja wirklich ein Stück Zeitgeschichte festgehalten und bringen uns (wieder mal) eine Thematik näher, mit der wir uns wenig beschäftigen (wollen). Es muss ziemlich aufregend gewesen sein, sich den Menschen dort anzunähern. Schade, dass man die Gesichter nicht sieht, aber verständlich. Ich finde die Serie in den Zimmern total spannend…mit all diesen Details. Das sagt ganz viel. Ein ganz großartiges Projekt, sehr sensibel und spannend umgesetzt. Ich bin beeindruckt. Intensiv, tief blickend, ein schwieriges kapitel unserer gesellschaft mit viel gefühl beleuchtend belichtet. Besonders gut gefällt mir die Idee, Füße auf der Schwelle zu fotografieren. Auf solche Ideen kommt man, wenn die Gesichter nicht zu sehen sein sollen. Oder die zerdrückten Kissen! Genial! Toller Bericht, was für ein interessantes Projekt!! Stelle mir die Arbeit daran schwierig vor… allerdings auch sehr notwendig. Psychische Erkrankungen haben ja einen Tabuwert in unserer Gesellschaft, der sich locker noch in die Nachkriegsjahre einsortieren läßt…Toll! Sehr interessantes Projekt, sehr interessanter Film! Habe mir gerade das Video angesehen und bin beeindruckt, berührt. Mich hat manches an die Untersuchungshaftanstalt der Stasi in Rostock erinnert. Ich stoße eben auf diese Arbeit und bin beeindruckt; die Köpfe wie von beiden Seiten vergittert und das dürre Geäst wie offene Nervenzellen.. Großartig, berührend….. bedrückend !! Dank für den tollen Beitrag, den ich eindrücklich und berührend finde. Ich habe gerade das Video auf der Internetseite angesehen, sehr beeindruckend und bewegend! |